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WikiFolio-Update (Woche vom 14.03.-28.03.2022)

Performance-Vergleich

In den vergangenen Wochen hat sich die Lage an den Börsen wieder etwas beruhigt und es scheint so, als ob Nachrichten wie der Ukraine-Krieg, Preisanstiege bei Rohstoffen und kommende Zinsanhebungen mittlerweile verdaut worden sind. Die Bewertungen bleiben weiterhin auf sehr niedrigem Niveau, trotzdem werden auch die nächsten Monate sicherlich nicht einfach. In den vergangenen Wochen gewann unser Wikifolio 7,8%, von 189,70€ ging es auf 204,52€. Der Vergleichsindex CDAX gewann 4,4%. Damit liegt die Underperformance aktuell bei 26,3% seit Jahresbeginn (YTD: -36,6% Wikifolio; -10,3% CDAX).

Tesla: Verkaufszahlen Q1

Kurz nach Quartalsende berichtet Tesla regelmäßig die Verkaufszahlen des abgelaufenen Quartals. Auch in Q1 diesen Jahres, was angesichts von Supply-Chain-Problemen und Schließungen in China unter schlechten Vorzeichen stand, konnte man das Wachstum weiterhin deutlich über den Mittelfristzielen (50% CAGR) halten. Mit 68% Steigerung im Vergleich zu Q1 2021 konnte man die Verbrenner-Konkurrenz deutlich ausstechen, die teilweise zweistellige Einbußen verzeichnen musste.

In 2022 könnte Tesla bereits 1,5 Mio. Fahrzeuge produzieren und ab 2023 werden dann auch die gerade neu eröffneten Fabriken in Grünheide und Texas substantiell zu weiteren Steigerungen beitragen. Hier zeigt sich auch, wieso ein Vergleich mit traditionellen Autoherstellern wenig Sinn ergibt: Tesla wächst mit weit über 50% jährlich, während VW, Daimler, BMW und Co. aktuell mitten in einem Strukturwandel stecken, noch immer Geld beim Bau von Elektroautos verlieren und strukturell niedrigere Margen als Tesla haben.

Tesla könnte bereits 2023 einen Umsatz von rund 120 Mrd. $ generieren bei operativen Margen von >20%. Dies würde einem Nettogewinn von rund 20 Mrd. $ entsprechen (noch ganz ohne Robotaxi-Fantasie), was einem KGV von 55 entspricht. Für ein Unternehmen mit einem solchen Wachstum als Marktführer in einem strukturell stark wachsendem Markt erscheint dies weiterhin nicht zu teuer.

Die Tesla-Aktie zeigt wieder einmal, wie stark Kursentwicklung und operatives Geschäft kurzfristig auseinandergehen können. Während es operativ gut läuft und das Unternehmen sich in den letzten 3 Monaten wenig verändert hat ist die Aktie seit dem letzten Höchststand am 03.01.2022 zwischenzeitlich um rund 40% gefallen, nur um über 40% zu steigen. Die Verluste wurden dadurch wieder fast vollständig wettgemacht. Dennoch hat sich der Marktwert der Firma innerhalb von 3 Monaten mal eben um eine halbe Billion Dollar reduziert und danach ebenfalls um eine halbe Billion Dollar gesteigert.

Home24 & Westwing: Jahresbericht 2021

Vergangene Woche haben als Nachzügler auch Westwing und Home24 ihre Q4-Zahlen sowie einen Ausblick auf 2022 gegeben. Wie bereits erwartet werden die ersten zwei Quartale in diesem Jahr aufgrund starker Vorjahreszahlen und schlechter Konsumentenstimmung durch Inflation und Ukraine-Krieg eher mäßig ausfallen und bei beiden Unternehmen zu Umsatzrückgängen führen. Für das Gesamtjahr erwartet Westwing eine Umsatzentwicklung zwischen -12% und +3%, negativ hat hier jedoch vor allem die niedrige Marge überrascht. Diese soll nach 7,7% operativer Marge in 2021 nämlich nur noch -2% bis +3% betragen, was neben geringeren Skaleneffekten auf Lieferkettenprobleme und steigende Materialkosten zurückzuführen ist.

Bei Home24 sieht die Entwicklung etwas besser aus. Zwar rechnet das Unternehmen bereinigt um die Butlers-Akquisition ebenfalls mit einem leichten Umsatzrückgang (-10% bis +5%), gleichzeitig soll die operative Marge jedoch ex. Butlers in etwa konstant bleiben und inkl. Butlers auf +1% bis +5% steigen. Es sieht also so aus, als hätte das Home24-Management zuletzt deutlich bessere Arbeit geleistet, um die Materialkosten und Lieferkettenprobleme auszugleichen.

Bewertungstechnisch sehe ich auch Home24 im Vorteil. Bei einem Cash-Bestand von rund 90 Mio. € im Europageschäft sowie 70 Mio. € Anteilswert von der Brasilientochter Mobly abzüglich des Butlers-Kaufpreis wird Home24 aktuell mit einem Enterprise Value von rund 130 Mio. € bewertet. Demgegenüber wird Home24 in 2022 wohl Umsätze von knapp 600 Mio. € im Europageschäft und einen operativen Gewinn von knapp 20 Mio. € erwirtschaften. In 2023 könnte Home24 dann ebenfalls profitabel und zweistellig wachsen mit Umsätzen von rund 700 Mio. € in Europa und über 30 Mio. € operativem Gewinn.

Westwing wird aktuell mit einem Enterprise Value von rund 200 Mio. € bewertet bei Umsätzen von ca. 500 Mio. € und operativem Break-Even dieses Jahr sowie geschätzten 570 Mio. € Umsatz bei 20 Mio. € operativem Gewinn im Jahr 2023. Daher bleibt Home24 auch aktuell die größere Position im Wikifolio.

Ich freue mich über jede Bewertung, Anmerkung und Kritik:
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Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Franz 2.

    Hallo Bastian, Danke für deine Berichte. Ich hätte eine Frage zur generellen Beurteilung von Aktien bzw. der Einfluss der aktuellen Notenbankstrategie auf die Wiki-Aktien:

    Den Märkten wird wohl vermehrt Liquidität „entzogen“. Damit meine ich nicht die Zinssteigerungen sondern insb. die Politik der FED, die neben den Zinssteigerungen auch den Verkauf von verschiedenen Anleihen und Aktien vorsieht, einfach um dem aufgeblähten Markt Liquidität zu entziehen. Im Prinzip das Gegenteil von dem, was die letzten Jahre und insb. aufgrund von Corona vorgenommen wurde.
    Wie spielt denn so was rein in die Bewertung von z.B. HF oder DH? Fakt ist doch, dass dieses Entziehen der Liquidität doch dafür sorgen kann / wird, dass trotz toller fundamentaler Entwicklung die Kurse weiterhin stark leiden werden, oder? Beunruhigt dich so etwas nicht? Also, dass du im Grunde „chancenlos“ bist mit „deinen“ Aktien gegen die Strategie der FED?

    Ein Blick in der Vergangenheit zeigt, dass (bestimmte) Aktien auch bei steigenden Zinsen ihren Wert halten oder sogar erhöhen können. Das beruhigt mich erst mal. Aber ich kann mich jedoch nicht erinnern, dass es in der Vergangenheit jemals einen so extremen Liquiditätsentzug gab, der nun durch die Notenbanken anvisiert wird. D.h. an der Vergangenheit können wir uns doch auch kaum orientieren in dieser „Sondersituation“, oder?

    Bin hier gespannt auf deine Einschätzung. Ich vermute du argumentierst über die Zeit, dass letztendlich IMMER die fundamentale Entwicklung die Kurse machen wird, und dich demnach FED-Entscheidungen (völlig) egal sind.
    Bin aber gespannt, was du sagst… Dankeschön!

    1. Bastian Brach

      Moin Franz,
      natürlich spielt das makroökonomische Umfeld und damit auch die Zinspolitik der Notenbanken eine Rolle bei der Bewertung von Aktien. Dieselben zukünftigen Cashflows sind bei den heutigen Zinsen weniger Wert als noch vor einem Jahr, dies gilt für alle Unternehmen (auch Value-Unternehmen). Es stimmt auch, dass dem Markt Liquidität entzogen wird, dies geschieht allerdings vorrangig dadurch, dass die Notenbank Anleihen „auslaufen“ lässt und keine neuen aufkauft; Aktien selbst werden hier nicht verkauft.

      Aktuell haben wir leider ein Umfeld, indem die Inflation künstlich extrem hoch ist: Weiterhin Lieferkettenprobleme und den Ukraine-Krieg mit Primär- (Öl, Gas) und Sekundärpreissteigerungen (Düngemittel, chemische Industrie, etc.). Solange diese Probleme anhalten, werden auch die Preise auf hohem Niveau bleiben. Dies bedeutet jedoch erstmal nicht, dass wir dauerhaft eine solch hohe Inflation sehen werden. Denn um eine Inflation von 8,5% (in den USA) aufrecht zu erhalten, müssten die Preise vom jetzigen Niveau eben jedes Jahr weiter um 8,5% ansteigen. Daher glaube ich eher daran, dass wir den Höhepunkt der Inflation in den aktuellen Monaten sehen werden und spätestens in einem Jahr wieder eine deutlich gemäßigtere Inflation sehen werden. Falls der Ukrainekrieg schon in wenigen Monaten vorbei ist, könnte sich diese Entwicklung noch beschleunigen.

      Ich sehe aktuell auch eher ein Vertrauensproblem in gewissen Wachstumsaktien als ein fundamentales Problem durch Zinssteigerungen und weniger expansiver Geldpolitik der FED/EZB. In den aktuell unsicheren Phasen wollen die Anleger einfach keine Delivery Hero oder Hellofresh besitzen, bei denen Unsicherheit über die zukünftigen Margen herrscht, sondern in dem Sektor lieber eine Amazon, auch wenn diese von ganz ähnlichen Problemen betroffen sind. Rezession, Lieferkettenprobleme, nachlassende Nachfrage treffen Amazon voll, sodass beispielsweise der Cashflow letztes Jahr von 31$ Mrd. auf -10$ Mrd. zurückgegangen ist, die operative Marge sich in Q4 mehr als halbiert hat und der Retail-Umsatz in Q1 wohl rückläufig sein wird. Dennoch steht Amazon nahe dem Allzeithoch.
      Und ganz oberflächlich betrachtet ergibt es ja auch zu einem gewissen Maße Sinn: Wieso in einem kritischen Umfeld die Aktien kaufen, die bereits 60% gefallen sind, anstatt einen Dauerbrenner, der nahe dem Allzeithoch steht und die vergangenen Krisen überstanden hat? Aber wenn ich alle aktuell denkbaren Szenarien betrachte (weiterhin Krieg, anhaltend hohe Inflation, Straffung der Notenbankpolitik), dann sehe ich Hellofresh und Delivery Hero im Speziellen so gut aufgestellt wie lange nicht. Beide haben keine Liquiditätssorgen, gewinnen massiv Marktanteile, Konkurrenten gehen pleite oder bekommen weniger Finanzierung, sind langfristig Inflationsgewinner. Wenn ich also Alleineigentümer beider Unternehmen wäre, dann würde ich denken es läuft so gut wie selten und nach dem Ende der Krise – wann auch immer dies sein mag – werden beide Unternehmen ähnlich stark und mit wenig Konkurrenz dastehen wie die Internetunternehmen, die damals die DotCom-Blase überlebt haben und damals den Grundstein für 2 Jahrzehnte Wachstum gelegt haben.

      Ich weiß aber natürlich auch, dass im aktuellen Umfeld die Aussichten in 2-3 Jahren völlig irrelevant für den Kurs sind und Anleger eher auf die nächsten Monate schauen. Deswegen hatte ich auch zuletzt vermehrt geschrieben, dass die nächsten Monate sehr volatil und herausfordernd werden. Für wen ein Zeithorizont von 2-3 Jahren zu lange ist, der kann natürlich weiterhin aus dem Markt aussteigen; ob man dann den perfekten Einstiegspunkt wieder erwischt ist nochmal eine andere Frage.

      Lange Rede kurzer Sinn: Ich halte die Unternehmen im Wikifolio weiterhin für hervorragend aufgestellt, besser als je zuvor. Durch die steigenden Renditen und die geringere Liquidität werden die Bewertungskennzahlen dennoch etwas zurückgehen müssen (die Notenbankpolitik muss damit letztlich auch in die Bewertung mit einlfließen). Die nächsten Monate werden schwierig, aber langfristig werden die Unternehmen, die die aktuelle Krise überstehen als klare Gewinner hervorgehen.

      VG Basti

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