Performance-Vergleich
Ungefähr die Hälfte der Quartalsberichtssaison im Wikifolio ist um und die bisherigen Ergebnisse konnten fast vollständig überzeugen, obwohl die Wochen vorher von vielen Unsicherheiten geprägt waren und die Aktien einiger Unternehmen auf Talfahrt geschickt haben. Besonders gut hat der Markt auf die Zahlen von Hellofresh reagiert, was wieder einmal zeigt, dass die Marktkommentare und der Kursverlauf im Vorfeld von Zahlen nur sehr wenig über die tatsächlichen Ergebnisse aussagen. In der nächsten Woche werden dann auch Delivery Hero, About You und Home24 ihre Zahlen verkünden. In der vergangenen Woche gewann unser Wikifolio 5,2%, von 355,16€ ging es auf 373,90€. Der Vergleichsindex CDAX gewann 2,3%. Damit liegt die Underperformance aktuell bei 24,3% seit Jahresbeginn (YTD: -7,2% Wikifolio; +16,1% CDAX).
Vonovia: Q3-Zahlen
Die Vonovia-Aktie bleibt ehrlich gesagt ein Rätsel für mich dieses Jahr. Die Zahlen konnten überzeugen und man hat neben dem stabil wachsendem Vermietungsgeschäft auch weitere Wertzuwächse bei den Immobilien erzielt. Für das Jahr 2021 hat man seine Prognose weiter erhöht. So wird man neben den Nettogewinnen aus Vermietung, Verkauf und Addon-Services in Höhe von gut 1,5 Mrd. € auch Bewertungsgewinne bei den Immobilien von rund 8 Mrd. € (4,2 Mrd. € in H1 und mind. 3,8 Mrd. € in H2) erreichen. Insgesamt also ein Wertzuwachs von knapp 10 Mrd. € allein in diesem Jahr und die Aktie steht unter dem Wert vom Jahresbeginn bei ca. 30 Mrd. Marktkapitalisierung.
Zudem wird immer klarer, dass der Immobilienbestand, der zum Halbjahr (ohne Deutsche Wohnen) mit 63 Mrd. € angesetzt war, deutlich unter dem Marktwert liegt, da man Wohnungsverkäufe im Schnitt weiterhin mit 40% über dem Marktwert durchführen kann. Würde man den tatsächlichen Marktwert hernehmen und konservativ schätzen, dass der gesamte Bestand 30% über dem Buchwert liegt, dann würde sich (mit Zahlen aus dem Halbjahresbericht ohne DW) ein Nettovermögen von 55 Mrd. € (82 Mrd. € tatsächlicher Immowert – 27 Mrd. € Nettoschulden) statt 36 Mrd. € (63 Mrd. € bilanzieller Immowert – 27 Mrd. € Nettoschulden) ergeben, was fast dem Doppelten der Marktkapitalisierung entspricht.
Jahrelang lag der Wert der Vonovia-Aktie relativ nah am Nettovermögen des Immobilienbestandes (was auch logisch erscheint), dieser Trend hat sich in den vergangenen Quartalen nicht fortgesetzt. Gründe hierfür könnten die Angst vor Zinserhöhungen oder die Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Deutschen Wohnen-Übernahme sein. Sollten diese Unsicherheiten verschwinden, dann gehe ich auch wieder davon aus, dass die Aktie sich dem Nettovermögen annähert, solange hat man weiterhin eine sehr solide Dividende >3% und weitere Wertgewinne der Immobilien.
Uber: Q3-Zahlen
Uber hatte den Markt bereits im September mit einer Prognoseerhöhung beeindruckt, daher war die endgültige Zahlenbekanntgabe nicht mehr ganz so spannend. Man hat zum ersten Mal einen operativen Gewinn erzielt und sieht sich weiter auf einem sehr guten Weg diesen in den kommenden Quartalen zu verbessern. Man profitiert deutlich von steigender Mobilität nach Corona und der Tatsache, dass viele Taxiunternehmen während Corona vom Markt verschwunden sind. Dadurch gehe ich davon aus, dass Uber in 2022 höhere Umsätze im Mobility-Segment erzielt als vor Corona. Zudem kann man durch deutliche Kosteneinsparungen die Marge weiter verbessern, sodass auch diese in 2022 deutlich über 2019 liegen sollte.

Interessant scheint auch die Tatsache, dass Uber Eats laut Vorstand bereits in mehreren Märkten operative Margen von über 5% des GMVs erzielt und damit zeigt, dass das operative Ziel von Delivery Hero (5% – 8% operative Marge) alles andere als unrealistisch erscheint. Langfristig will der Uber-Konzern eine operative Marge von 25% bezogen auf den Umsatz erzielen, was angesichts der aktuellen Entwicklungen zwar ambitioniert, aber erreichbar erscheint.
Wayfair: Q3-Zahlen
Auch Home24-Konkurrent Wayfair hat in der vergangenen Woche Zahlen berichtet. Diese sehen auf den ersten Blick wirklich schlecht aus, da man nach einem Umsatzrückgang von 10,4% in Q2 nun einen Rückgang von 18,7% verkraften musste. Zudem sank die AEBITDA-Marge von 10% vor 12 Monaten auf 3% in Q3 diesen Jahres. Allerdings zeigt sich auch hier der Corona-Effekt, der zu sehr starken und fast nicht zu schlagenden Vergleichszahlen geführt hat. Dieser wird wohl noch bis Mitte nächsten Jahres anhalten, bevor man wieder die „wahren“ Wachstumszahlen sieht.
Auch dies sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man die Zahlen von Home24 nächste Woche sieht. Solange man trotz der aktuellen Probleme (Lieferketten, Rohstoffpreise, hohe Vergleichszahlen) die Kundenzufriedenheit und den eigenen Marktanteil hochhält, sollten auch temporäre Umsatzrückgänge verkraftbar sein. Für Home24 gehe ich mittlerweile davon aus, dass man seine Prognose nicht halten kann und in diesem Jahr eher um die 20-25% wachsen wird statt 28% – 38%. Im Vergleich zum Negativwachstum von Wayfair für dieses Jahr ist dies trotzdem noch positiv zu sehen. Auch die Kundenzufriedenheit scheint in Deutschland aktuell eher auf der Seite von Home24 zu liegen: Während Wayfair bei der Bewertungsplattform Trustpilot.com aktuell nur 25% zufriedene Kunden (4 oder 5 Sterne) und 75% unzufriedene Kunden (1 Stern) von den letzten 20 Bewertungen hat, steht Home24 mit 16 zufriedenen und 2 unzufriedenen Kunden deutlich besser da. Ikea ist in diesem Vergleich übrigens seit Jahren komplett abgeschlagen, da der Online-Versand alles andere als rund läuft.
Bemerkenswert ist jedoch vor allem die Reaktion der Börse auf die Wayfair-Zahlen. Die Aktie ist seit Jahresbeginn weiterhin mit mehr als 10% im Plus, trotz deutlich zurückgehender Umsätze, zurückgehender Profitabilität und Lieferkettenproblemen. Home24 hat dagegen die Hälfte des Wertes verloren, obwohl man deutlich bessere Wachstumszahlen abliefert und auch der Einbruch der Profitabilität weniger ausgeprägt ist. Hier zeigen sich meiner Meinung nach wieder die unterschiedlichen Anlagehorizonte von US-Anlegern (die auf die Entwicklung der nächsten Jahre schauen) und deutschen Anlegern (die panische Angst vor temporär rückläufigen Wachstumsraten haben).
Home24 bleibt für mich weiterhin ein sinnvolles Investment, solange die Lieferkettenprobleme temporär bleiben, man weiterhin seine Marktanteile steigert und in H2 2022 wieder zurück auf den Wachstumspfad findet nach den schwierigen Quartalen bis Q2 2022. Die Bewertung ist vor allem im Branchenvergleich überaus günstig. Während Wayfair mit deutlich schlechterem Wachstum und etwas besseren Margen aktuell mit einem KUV von 2 bewertet wird, liegt diese Kennzahl bei Home24 nur bei 0,4. Selbst wenn man berücksichtigt, dass Wachstumsunternehmen in den USA grundsätzlich höher bewertet werden ist Faktor 5 aus meiner Sicht für dasselbe Geschäftsmodell mit ähnlichen Kennzahlen viel zu hoch.
Hi Basti,
vielen Dank für das Update. Zu Vonovia: Die Immobilienwirtschaft ist wichtig zur Bekämpfung des Klimawandels. Insbesondere muss hier generell die Emissionsintensität des Gebäudeportfolios bis 2050 deutlich reduziert werden um kompatibel zu den Pariser Klimazielen zu sein, z.B. 1,5 Grad kompatibles Portfolio (also je nachdem welche Ziele konkret gesetzt werden von Vonovia selbst, denke ich). Dies könnte ein zusätzlicher Faktor der Unsicherheit sein, denn was bedeutet das genau für Immobilienkonzerne wie Vonovia in Bezug auf Investitionen, Geschäftsentwicklung und letzten Endes auch für den Aktienkurs?
Viele Grüße
Jan
Moin Jan,
hier sehe ich für Vonovia tatsächlich einen großen Vorteil, denn das Unternehmen ist eines der wenigen im Sektor, die mit ihren Modernisierungsplänen zur Erfüllung der 1,5 Grad-Ziele beitragen und bis 2050 CO2-neutral sein wollen. Hier müssen andere Vermieter also deutlich aufstocken. Zudem wäre eine zusätzliche Verschärfung der Modernisierungsrate positiv zu sehen, da diese zu den Mietsteigerungen beiträgt.
VG Basti
Hi Basti,
Wenn du mit einer Verfehlung der Prognose bei Home24 rechnest, wieso verkaufst du dann die Aktie nicht und steigst später günstiger wieder ein? Oder steigst um auf Westwing, deren Prognose so konservativ gesetzt ist, dass man sie kaum verfehlen kann?
Gruß Thomas
Moin Thomas,
das liegt daran, dass aus meiner Sicht bereits viel negatives eingepreist ist. Das heißt, selbst wenn es zu einer Prognosesenkung kommt, dann ist es nicht sicher, dass die Aktie sinkt (siehe Schaeffler heute, die nach Prognosesenkung 8% gewinnen). Sollten die Aussichten doch besser als erwartet sein (wie beispielsweise in Q2) dann kann die Aktie auch schnell stark ansteigen.
Hier das Risiko einzugehen, in einigen Tagen 30% höher einzusteigen, nur um evtl. 5% Kursrückgang zu vermeiden und dann günstiger einzusteigen, ist mir da zu groß.
VG Basti
Hi Bastian, was sagst du zu den AY-Zahlen? Im Grunde wie erwartet oder? Fokus auf Wachstum, „Bekanntwerden“ und internationaler Expansion auf Kosten der kurzfristigen Marge. Alles im Lot oder?
Moin Tom,
wie auf Twitter geschrieben würde ich die Zahlen sogar als sehr gut bezeichnen. Man wächst im profitablen DACH-Raum ungefähr doppelt so schnell wie Zalando (wobei man hier das leicht abweichende Quartal beachten muss) und ist von der Profitabilität DACH nur noch leicht hinter Zalando. Zudem erzielt das Tech-Segment sehr gute Fortschritte, was im nächsten Jahr allein bereits um die 50 Mio. operativen Gewinn erzielen könnte und damit mehr als die Hälfte der aktuellen Bewertung rechtfertigt. Ein ausführliches Update kommt dann voraussichtlich mit dem Wochenbericht.
VG Basti
Basti, alle sind gespannt auf deine H24-Analyse. Spätestens mit dem Kursverlauf heute stellt sich mehr und mehr die Frage was hier los ist oder?
Hallo Basti,
hast Du Dir schon die Aktie von „The Social Chain“ angeschaut. Was hältst Du davon? Sie wurden grade an der Frankfurter Börse aufgenommen und haben bisher eine beeindruckende Performance hingelegt.