Home24: Q1-Zahlen

Am Dienstag hat Home24 die Zahlen zum ersten Quartal veröffentlicht und weiterhin die eigene Strategie umgesetzt, indem man sich auf langfristiges Wachstum statt kurzfristiger Profitabilität konzentriert. Im Folgenden werde ich (soweit möglich) die Zahlen aus Europa (ohne Brasilien) betrachten, da man in Brasilien nur noch gut 50% der Anteile hält und ich mir gut vorstellen kann, dass man dieses Geschäft langfristig veräußern wird.

Man konnte das Bestellvolumen in Q1 um 79% YOY erhöhen und eine operative Marge von 0,4% erzielen. Dieses Ergebnis konnte trotz einiger Schwierigkeiten erreicht werden: Ein Teil der Umsätze konnte aufgrund von höherer Auslieferungszeiten noch nicht realisiert werden, die Showrooms und Outlets sind weiter geschlossen, Importkosten waren in Q1 besonders hoch (sind aktuell wieder leicht rückläufig). Zudem hat man auch im April ein Anstieg des Bestellvolumens von mehr als 30% erzielt; dies ist besonders beachtenswert, da der April 2020 der erste und am meisten von Corona beeinflusste Monat im letzten Jahr war. Die Deckungsbeitragsmarge lag wie im Vorjahr bei 29%, was angesichts der bereits genannten Schwierigkeiten nachvollziehbar ist, sich aber in den kommenden Quartalen verbessern sollte, während die operative Marge sich um 4,5%-Punkte verbesserte. Q1 ist traditionell das margen-schwächste Quartal im Jahr, somit sehe ich Home24 auf einem guten Weg das Ziel für 2021 zu erreichen.

Die Aktie hat nach der Veröffentlichung deutlich an Wert verloren, was ich mir nur damit erklären kann, dass man bereits zum jetzigen Zeitpunkt eine Erhöhung der Prognose erwartet hat, welche Home24 jedoch nicht verkündet hat. Vor allem das starke Bestellwachstum im April deutet jedoch darauf hin, dass man die Ziele in 2021 in der oberen Hälfte der Prognose erreichen sollte; damit wäre man weiterhin auf einem guten Weg zu seinen mittel- und langfristigen Zielen.

Die Bewertung für das Europageschäft ist durch den jüngsten Kursrutsch auf 130 Mio. € gefallen, das ganze bei einem erwarteten Umsatz von 500 Mio. € und langfristig zweistelliger operativer Margen. Wie absurd dies ist, zeigt auch das nachfolgende Beispiel: Bereits dieses Jahr wäre es für Home24 möglich, die Marketingausgaben um 10%-Punkte (in Q1 bsp. von 20% auf 10%) zu reduzieren und dafür auf Wachstum zu verzichten. Dann würde Home24 dieses Jahr einen Umsatz von etwa 400 Mio. € und ein operatives Ergebnis von 40-50 Mio. € erzielen. Somit wäre das Europa-Geschäft mit dem 3-fachen Gewinn bewertet, was selbst für stagnierende Unternehmen extrem gering ist. Ich sehe Home24 weiterhin auf einem guten Weg, seine mittel- bis langfristigen Ziele (20%+ Umsatzwachstum und 10%+ operative Marge) zu erreichen und dadurch auch zu einer angemessenen Bewertung zu gelangen. Wichtig wird die Entwicklung nach der Wiedereröffnung des Einzelhandels werden, in Q3 2020 hatte man jedoch bereits gute Erfahrungen mit einer solchen Situation gemacht.  

Nachfolgend sieht man ein typisches Beispiel davon, wieso sich Investments in Marketing und Tech langfristig oftmals auszahlen und ich daher auch von der Strategie von Home24 überzeugt bin:

Langfristig zahlt sich eine aggressive Marketingstrategie nicht nur wegen höherem Umsatz, sondern auch höherer Marge aus. Heute ist Zalando ca. 4 mal so viel wert wie Asos, obwohl Asos in 2010 doppelt so viel Umsatz gemacht und hochprofitabel war, jedoch deutlich weniger Investitionen getätigt hat. (Quelle: Rocket Internet)
Ich freue mich über jede Bewertung, Anmerkung und Kritik:
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Dieser Beitrag hat 9 Kommentare

  1. Zwirbler Herbert

    Grüß Gott Herr Brach,

    sehen Sie die Auswirkungen der Engpässe des Suez-Kanals, die deutlich steigenden Holzpreise und die stark anziehende Inflation nicht negativ für Home24, oder wieso findet dies keine Erwähnung?
    Auch wenn die Engpässe im Suez-Kanal nur vorübergehend gewesen sein dürften, so sollte doch ein wesentlich höherer Holzpreis in den nächsten Quartalen weiterhin für Margendruck sorgen. Auch die stark anziehende Inflation sorgt – wenn diese bleibend ist, wovor mittlerweile viele Hedgefondsmanager warnen – zumindest für eine deutlich geringere Bewertung von Techaktien, allein psychologisch, auch wenn ein anghobener Zinssatz auf die schulmäßigen Bewertungsmodelle nicht allzugroßen negativen Einfluss hat.
    Wie sehen Sie diese Problematiken?

    Herzliche Grüße

    Zwirbler Herbert

    1. Bastian Brach

      Moin Herbert,

      steigende Holzpreise und Frachtkosten betreffen ja die gesamte Industrie, man wird die steigenden Kosten wohl mittelfristig auf die Kunden umlegen. Die Inflation wird sich nach aktueller Markteinschätzung im Bereich von 2-3% einpendeln, also genau dem langfristigen Schnitt. Home24 ist ja auch keine Tech-Aktie mit KUV von 30 und mehr, sondern einem KUV von 0,3.

      VG Basti

  2. Anonymous

    Danke für die kurze Analyse, ich habe aufjedenfall nochmal ordentlich nachgekauft. Das ist ja grade ein Schnäppchenpreis.

    1. Magnus

      Hi Basti,

      wie kommst du auf ein KUV von 0,3? Ich komme bei Mobly auf ca. 320 Mio Marktkapitalisierung, davon der Home24 Anteil ca. 160 Mio.
      Dann die Marktkapitalisierung von Home24 von 400 Mio – 160 Mio Mobly Anteil = 240 Mio Home24 ex Mobly
      240 Mio / 500 Mio = KUV 0,48?

      Habe ich eine falsche Zahl verwendet?

      1. Bastian Brach

        Moin Magnus,

        ich berechne das KUV immer Cash-bereinigt auf Basis des Enterprise Value. Da Home24 noch 120 Mio. € in der Kasse hat ist der EV (ex Mobly) bei 120 Mio. €.

        VG Basti

  3. Völlig Ratlos

    Danke für deine Analyse. Leider immer noch ein Fass ohne Boden – heute wieder knapp 5 % im Minus. Muss gestehen, ich verstehe Börse nicht mehr. Kurzfristige Bewegungen kann man nicht nachvollziehen, ja verstanden. Aber die Berechnung des Unternehmenswerts kriegt doch auch in institutioneller Anleger (der den Kurs macht), in 3 Minuten zustande. Trotzdem verkauft dieser. Das kann man doch nicht mehr mit „Momentum“, oder „aktuell unsexy e-commerce-Aktien“ oder „Inflation“ erklären?

    1. Bastian Brach

      Moin,

      ich glaube die falsche Annahme hier ist, dass institutionelle Anleger immer „Smart Money“ sind. Wenn das so wäre, dann wären ja bereits am Anfang der Corona-Krise letztes Jahr alle Tech- und E-Commerce-Aktien auf dem Höchststand angelangt und würden nicht über Monate an Wert gewinnen. Natürlich kann es immer sein, dass sich Home24 doch nicht so entwickelt, wie ich das prognostiziere, aber die Zahlen geben eben keinen Hinweis darauf. Die an Home24 beteiligten Fonds halten ihre Anteile ebenfalls und verkaufen nicht.

      Was ich mir aber gut vorstellen kann sind Anleger, die vor nem Jahr bei 3€ – 10€ gekauft haben und jetzt Angst um ihre Gewinne bekommen. Die interessiert dann wahrscheinlich auch die Faktenlage nicht, sondern nur dass die Aktie von 25€ auf 14€ gefallen ist.

      Natürlich gibt es wie bei jeder Aktie/Anlage risiken, aber jetzt bei dieser Bewertung zu verkaufen, nur weil ein wenig Angst herrscht, würde ja meiner kompletten Anlagestrategie widersprechen.

      Edit: Schau dir beispielsweise mal die Kursentwicklung von Hellofresh ab Mitte 2018 – Anfang 2019 an. Auch dort wurde die Strategie ausgegeben, dass man erstmal investieren will und später profitabel wird. Die Aktie ist von 15€ auf 6€ abgestürzt, obwohl dies im Nachhinein die bestmögliche Strategie war. In 2019 hat sich die Aktie dann mehr als verdreifacht, was allein dadurch geschah, dass die Unternehmens-Strategie umgesetzt wurde.

      VG Basti

  4. Peter A.

    Hallo Bastian,
    was ist deiner Ansicht nach der USP von H24 im Vergleich zu z.B. Amazon? Hältst du es nicht für wahrscheinlich, dass Amazon noch viel stärker Möbel auf seiner Plattform anbietet? Logistisch würde man das doch sicher stemmen können, gibt ja genug Geld zum Aufbau / Investieren der Strukturen. Dann werden doch viele pauschal bei Amazon Möbel, so nach dem Motto „ich kaufe eh alles bei Amazon“. Was wäre dann der Vorteil einer (auch noch unbekannteren) H24-Plattform? Da würde man sich doch bei der „Krake Amazon“ auch „sicherer“ fühlen, als bei dem „kleinen“ Online-Händler H24…

    1. Bastian Brach

      Moin Peter,

      Amazon ist denke ich ein deutlich geringerer Konkurrent als bsp. Wayfair. Allein der Aufbau der Amazon-Seite ist zum Möbel-Shoppen recht ungeeignet und ich sehe auch nicht, wieso Amazon sich jetzt auf riesige Möbel spezialisieren sollte, wenn man bissher fast ausschließlich kleine und mittlere Pakete verschickt hat. Der größte Konkurrent ist insgesamt jedoch immernoch der stationäre Möbelverkauf, da kommt das größte Wachstumspotential her.

      VG Basti

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