Einleitung
Am 10.12.2020 fand der Capital Markets Day von Hellofresh statt – dieses Jahr digital. Diese Veranstaltung ist für mich eine der wichtigsten Events des Jahres, da man sehr viel mehr Einblicke und Hintergründe in die Entwicklung erhält als beispielsweise bei einer normalen Analystenkonferenz nach der Veröffentlichung der Quartalszahlen.
Dieses Jahr hat Hellofresh den Fokus auf die langfristigen Ziele und Entwicklungsschritte gelegt und dadurch die Marktteilnehmer überzeugt – die Aktie stieg in den vergangenen beiden Tagen um über 20%. Nachfolgend will ich einmal auf die wichtigsten Punkte der Präsentation eingehen. Bevor Sie hier weiterlesen würde ich empfehlen noch einmal diesen Artikel über den Capital Markets Day 2019 zu lesen, da ich dort das Geschäftsmodell von Grund auf erklärt habe und damals bereits meine Prognosen zu Wachstumsraten und zukünftigen Margen dargelegt habe, die jetzt genauso von Hellofresh selbst prognostiziert werden. Im Gegensatz dazu sind viele Analysten und Marktteilnehmer bis zuletzt davon ausgegangen, dass vor allem das Wachstum deutlich abnimmt und haben die Aktie dementsprechend im Vergleich zu vielen anderen E-Commerce-Aktien deutlich zu niedrig bewertet.
Langfristige Wachstumsraten
Bereits zu Beginn der Präsentation hat Hellofresh das neue mittelfristige Ziel vorgestellt: Der Umsatz soll auf 10 Mrd. € steigen. Dies will man durch 4 verschiedene Strategien erreichen:
- Weitere Markterschließung auf bestehenden Märkten
- Expansion in neue Märkte
- Bessere Monetarisierung der Kunden
- Neue Geschäftsmodelle

Diese 4 Strategien sollen dazu führen, dass man jährlich mehr als 20% wächst und weiterhin hochprofitabel ist. In den nächsten Jahren sollen Gewinne oberhalb von 10% AEBITDA-Marge reinvestiert werden, um die sich bietenden Chancen optimal zu nutzen.

Der Online-Lebensmittelmarkt ist einer der am stärksten wachsenden Märkte überhaupt, bis 2025 soll sich der Online-Marktanteil in den USA im Vergleich zu 2020 mehr als verdoppeln. Europa liegt sogar noch weiter zurück, sodass die Wachstumsraten hier nochmals größer sein werden. Es würde für Hellofresh also schon reichen, wenn man seine Marktanteile halten kann, um das 10 Mrd. €-Umsatz-Ziel zu erreichen. Doch bereits in der Vergangenheit war zu sehen, dass Hellofresh mit einem weit überlegenden Produkt den eigenen Marktanteil deutlich steigern und Konkurrenten verdrängen konnte. Falls dies auch in Zukunft gelingt wird Hellofresh einer größten Profiteure in einem stark wachsenden Markt werden.
Ziel-Marge
Neben der Wachstumsrate ist noch eine zweite Größe entscheidend um die Bewertung eines Unternehmens vornehmen zu können – die Gewinnmarge. In der Vergangenheit sprach Hellofresh von einer mittelfristigen AEBITDA-Marge von 10%-12%, ich hatte bereits in diesem Abschnitt erläutert, dass Hellofresh langfristig eine AEBITDA-Marge von über 15% erzielen wird. Dieses Ziel hat jetzt auch Hellofresh selbst formuliert und geht von 15%-20% aus. Dies erreicht das Unternehmen, indem die Zwischenhändler eliminiert werden und man dadurch die gesamte Marge der Wertschöpfungskette für sich vereinnahmen kann.

Die nachfolgende Übersicht stellt noch einmal die Vorteile von Hellofresh gegenüber eines klassischen E-Commerce-Unternehmens dar. Wichtig ist hier vor allem der Vorteil der höheren Margen sowie die hohen Free-Cashflows, die das Wachstum dauerhaft finanzieren können, ohne auf Fremdmittel angewiesen zu sein. Daher hatte ich in der Vergangenheit auch immer wieder argumentiert, dass der Bewertungs-Abschlag von Hellofresh gegenüber Zalando, Chewy und Co. keinen Sinn ergibt. Hellofresh müsste aus dieser Vergleichsgruppe das Unternehmen mit den höchsten Umsatzmultiplen sein, da man ein höheres Wachstum mit höheren Margen und einem größeren Markt verbindet. Zu dieser Einsicht kommen langsam wohl auch andere Marktteilnehmer, wie die Reaktion auf den Capital Markets Day zeigt.

Umweltbewusstsein
Eine immer größere Rolle für viele Verbraucher spielt das Thema Umwelt. Diesem Aspekt hat Hellofresh sich bereits seit der Gründung verpflichtet, in den vergangenen Jahren die Anstrengungen aber weiter intensiviert. Die Ergebnisse können sich sehen lassen:
- 69% weniger Lebensmittelabfall im Vergleich zu Supermärkten
- 10% weniger Lebensmittelabfall YOY
- 84% weniger CO2-Emissionen im Vergleich zu Supermärkten
- 47% weniger CO2-Emissionen YOY
- Halbierung des Plastikanteils YOY
- Ausgleich aller entstanden CO2-Emissionen, sodass Hellofresh 100% klimaneutral ist
Die deutlich verkürzte Lieferkette erhöht zusätzlich die Qualität der Lebensmittel für die Kunden, anstatt von 10 Tage von der Ernte bis zum Kunden brauchen die Zutaten der Hellofresh-Box gerade mal 3 Tage. Gleichzeitig vermeidet man dadurch einen großen Teil der Lebensmittelabfälle.

Fazit
Die größte Veränderung durch den diesjährigen Capital Markets Day liegt im Auftreten von Hellofresh. Man ist selbstbewusster was die eigenen Ziele angeht und kommuniziert diese auch klar und deutlich. Bereits in 2019 konnte man absehen wohin die Reise geht, sowohl die zukünftigen Wachstumsraten als auch die Zielmarge waren für mich keine Überraschung. Trotzdem waren in der Vergangenheit viele Analysten skeptisch und stellten teilweise das Geschäftsmodell an sich infrage. Diese Skepsis ist wohl durch die Aussichten deutlich geringer geworden, daher auch der starke Kursanstieg. Mein faires KUV bleibt weiterhin bei 3,0-3,5. Dies entspricht einem Kurs von 70€ für 2020 und 85€ für 2021. Der starke Anstieg der Hellofresh Aktie hilft auch unserem Wikifolio auf ein neues Allzeithoch.