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Hellofresh Aktie: Profiteur der Corona-Krise

  • Hellofresh ist ein 2011 gegründetes Unternehmen, welches sein Geld mit dem Versand von Kochboxen verdient und mittlerweile in 12 Märkten innerhalb von Europa, Nordamerika und Australien tätig ist
  • Durch die Maßnahmen vieler Regierungen in Folge des Corona-Virus sind viele Menschen gezwungen zu Hause zu bleiben, Restaurants sind geschlossen. Dies beschert Hellofresh einen massiven Kundenzuwachs seit Mitte März und die Hellofresh Aktie kann sich dem negativen Gesamtmarkt entziehen
  • Da Hellofresh seine Produkte nur über die eigene Website verkauft, lassen sich Umsätze und Marketingausgaben anhand des Website-Traffics sehr genau bestimmen – und zwar bevor die offiziellen Quartalszahlen veröffentlicht werden
  • Die Umsatzschätzungen der Analysten für das aktuelle Jahr sind weiterhin deutlich zu gering, Corona ist also noch nicht vollständig eingepreist und die Hellofresh Aktie hat weiter Potential
  • Das Risiko nach unten ist begrenzt, da man anhand der Traffic-Daten schnell reagieren und die Aktie verkaufen kann, bevor es irgendwann einmal zu deutlichen Umsatzeinbußen kommen sollte

Geschäftsmodell von Hellofresh

Das Geschäftsmodell von Hellofresh ist relativ einfach erklärt: Man schließt ein flexibles Abonnement für den Erhalt der Kochboxen ab. Dabei kann man jederzeit kündigen oder pausieren und muss keine Mindestvertragszeit einhalten. Vor jeder neuen Woche kann man sich aus 18 Gerichten die passenden Menüs und die Anzahl der Mahlzeiten auswählen.

Instagram-freundliche Gerichte locken immer mehr Kunden an - die Hellofresh Aktie sieht ebenfalls lecker aus
Mit solchen Instagram-freundlichen Gerichten zieht Hellofresh immer mehr junge Leute an.

Mittlerweile hat sich Hellofresh einen Marktanteil von 50% in den USA und bis zu 90% in den internationalen Märkten erkämpft und damit teilweise eine Monopolstellung aufgebaut.

Hellofresh bezieht einen Großteil der Produkte direkt von Landwirten, ohne den Umweg über Großhandel und Supermarkt zu gehen, was die Marge deutlich erhöht. Die Bruttomarge (nach Abzug der Produktkosten) lag im Jahr 2019 bei sehr hohen 65%. Ein weiterer Kostenpunkt ist natürlich die Produktion bzw. das Zusammenstellen der Kochboxen und der Versand, dieser Posten betrug in 2019 ca. 36% vom Umsatz. Zusammengerechnet ergibt sich somit ein Deckungsbeitrag von 29%, wovon noch allgemein Kosten (Miete, Software etc.) in Höhe von knapp 8% abgezogen werden müssen.

Somit bleibt eine operative Marge von erstaunlichen 21% übrig. Hierbei sind allerdings die Marketingkosten außen vor, die gerade in der Wachstumsphase deutlich höher sind als bei Supermärkten, da das Produkt erstmal bekannt gemacht werden muss. Marketingausgaben schlugen in 2019 mit über 22% zu Buche, sodass das Gesamtergebnis noch leicht negativ war. Allerdings besteht hier auch das größte Einsparpotential in der Zukunft, wenn nicht mehr so viele Kunden mit Gutscheinen und TV-Werbung angelockt werden müssen.

Aktuelle Analystenschätzungen für die Hellofresh Aktie

Das nachfolgende Bild zeigt die Analystenschätzungen für die Hellofresh Aktie vom 02.04.2020 (Quelle: marketscreener.com) und ist folgendermaßen zu interpretieren:

Unten sind die Umsatzschätzungen für das Jahr 2020 zu sehen. Es handelt sich dabei auf der kompletten Zeitachse um die Umsatzschätzungen für 2020 und nicht um die Entwicklung der tatsächlichen Umsätze. Die schwarze Linie zeigt die durchschnittliche Schätzung, die obere und untere graue Linie jeweils den höchsten bzw. niedrigsten geschätzten Umsatz. Die grauen Balken zeigen nur an wie viele Analystenschätzungen es gibt und kann hier unbeachtet bleiben.

Umsatzschätzungen für 2020 für die Hellofresh Aktie
Umsatzschätzungen für 2020 für die Hellofresh Aktie

Lesebeispiel: Im November 2018 lag die durchschnittliche Analystenschätzung für den Umsatz im Jahr 2020 bei 1890 Mio. € und stieg seitdem bis auf 2566 Mio. € zum aktuellen Zeitpunkt.

Im nachfolgenden Abschnitt erkläre ich, wieso dies deutlich zu niedrig erscheint.

Einordnung der Schätzungen

Einschätzung der Q1-Zahlen

Die Zahlen für Q1 2020 müssen nicht mehr geschätzt werden, da hier bereits eine Ad-Hoc von Hellofresh am 30. März veröffentlicht wurde. Der Umsatz wird zwischen 685 Mio. € und 710 Mio. €, das AEBITDA zwischen 55 Mio. € und 75 Mio. € liegen. Diese Veröffentlichung war einer der Gründe, wieso die Hellofresh Aktie in den letzten Wochen so gut gelaufen ist. Ich gehe der Einfachheit halber einfach von den Mittelwerten innerhalb der Spanne aus. Zudem sollte man bedenken, dass laut Hellofresh gerade mal die letzten beiden Märzwochen vom Coronavirus beeinflusst worden sind.

Meine Prognose für Q1 ohne den Corona-Effekt lag bei einem Wachstum von 50% im Vergleich zum Vorjahreswert, somit haben alleine die letzten beiden Märzwochen einen zusätzlichen Umsatz von 67,5 Mio. € erwirtschaftet (tatsächlicher Umsatz [697,5 Mio. €] – geschätzter Umsatz ohne Corona [420 Mio. € (Q1 2019) * 1,5 = 630 Mio. €]. (Die AEBITDA-Marge hatte ich ohne Corona auf 2% geschätzt. Tatsächlich liegt diese nun jedoch bei 9,3% und somit 7,3 Prozentpunkte höher, ebenfalls mit der Mitte der Bandbreite bei Umsatz und Gewinn gerechnet.)

Prognose der Q2-Zahlen

Angenommen, dass Ende April alle Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Krise rückgängig gemacht werden (was aufgrund der aktuellen Lage deutlich zu früh erscheint), würde der zusätzliche Umsatz alleine innerhalb der 4 Wochen im April 135 Mio. € [67,5 Mio. € * 2] betragen. Den Umsatz ohne Corona zu schätzen, ist in diesem Fall etwas schwieriger zu schätzen. Da es sich jedoch um ein Abomodell handelt, lassen sich die Umsätze auch auf Basis des vorigen Quartals schätzen.

Dies lässt sich auch mit einem Blick auf die Umsatzsprünge der letzten Jahre bestätigen:

JahrUmsatz Q1Umsatz Q2Differenz
201720523025
201829632024
201942043717

Der Umsatzsprung von Q1 zu Q2 beträgt jedes Jahr um die 20 Mio. €. Wenn man diesen Umsatzsprung zu dem um Corona bereinigten Q1-Umsatz 2020 addiert, dann erhält man einen Q2 2020 Umsatz von 630 Mio. € ohne Corona-Effekt. Addiert man die oben ermittelten 135 Mio. €, dann erhält man einen Umsatz von 765 Mio. €. Dies beruht allerdings auf der Annahme, dass alle im Zuge der Corona-Krise hinzugewonnenen Neukunden Anfang Mai Hellofresh kündigen, und nie mehr bestellen, was meines Erachtens unrealistisch und als Folge dessen die Prognose deutlich zu konservativ ist.

Doch selbst wenn man diese konservativen Annahmen (vollständige Normalität im Leben der Menschen ab Ende April und Kündigung von 100% der gewonnenen Neukunden) trifft, dann erhält man einen Gesamtumsatz von 1462,5 Mio. € im ersten Halbjahr. Wenn die Analystenschätzungen stimmen würden und Hellofresh in 2020 tatsächlich einen Umsatz von 2566 Mio. € erzielt, dann dürfte der Umsatz im 2. Halbjahr gerade einmal 1103,5 Mio. € betragen im Vergleich zu 952,5 Mio. € Umsatz im 2. Halbjahr 2019. Dies würde einem Umsatzwachstum von weniger als 16% entsprechen. Angesichts der Tatsache, dass Hellofresh auch ohne den Corona-Effekt um 50% gewachsen ist und zudem ein Teil der Neukunden auch über den Sommer hinaus bei Hellofresh bestellen wird, ist ein Wachstum von 16% bei weitem zu niedrig angesetzt.

Fazit

Obwohl die Umsatz-Schätzungen für Hellofresh bereits mehrfach angepasst wurden, sind diese weiterhin deutlich vom tatsächlichen Wert entfernt. Selbst mit konservativen Annahmen ist es nicht realistisch gerade einmal einen Umsatz von 2,566 Mrd. € zu erreichen. Über April hinausgehende Ausgangssperren sowie ein geringerer Kundenschwund nach Corona dürften den tatsächlichen Umsatz weiter nach oben treiben. Daher glaube ich, dass die Hellofresh Aktie aktuell nicht angemessen bewertet wird.

Einen weiteren Artikel zu den langfristigen Chancen für Hellofresh finden Sie hier.

Hellofresh ist aktuell in meinem wikifolio enthalten. Eine Erklärung, was wikifolio überhaupt ist und wie du es am besten nutzt findest du hier.

In der nächsten Analyse stelle ich Turtle Beach vor. Der Gaming-Zubehör-Hersteller profitiert ebenfalls massiv von den Ausgangssperren, wurde jedoch an der Börse noch nicht beachtet.

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