Überblick
- Goodfood Market ist der Marktführer im Bereich Kochboxen in Kanada
- Das Unternehmen ist dabei eines der wenigen, die mit Hellofresh konkurrieren können
- Der Aktienpreis beträgt aktuell nur 3,98 Kanadische Dollar, die Marktkapitalisierung beträgt somit 230 Mio. CAD
- Goodfood befindet sich von den Kennzahlen her auf derselben Stufe wie Hellofresh im Jahr 2018 was Bewertung, Umsatzwachstum und Marge betrifft; Hellofresh hat sich seit 2018 mehr als verdreifacht und eine ähnliche Entwicklung traue ich auch Goodfood zu
- Größte Gefahr für Goodfood ist ein extremer Preis- oder Marketingkampf mit Hellofresh
Geschäftsmodell
Zu dem Geschäftsmodell muss ich hier nicht mehr viel sagen. Kunden registrieren sich auf der Website und schließen ein sogenanntes Soft-Abonnement (jederzeitige Kündigung möglich, kein Mindestabsatz) ab. Dann wählen sie Rezepte für die kommenden Wochen aus und erhalten die Zutaten in den benötigten Mengen nach Hause geliefert.
Goodfood hat seit der Gründung im Jahr 2015 ein durchschnittliches Wachstum von 20% erreicht. Aber nicht 20% jährlich, sondern 20% monatlich! Der kanadische Markt ist einer der attraktivsten für Kochboxenanbieter, da das jährliche Wachstum hier höher ist als in der restlichen Welt. 21% p.a. bis zum Jahr 2023 prognostiziert das Marktforschungsinstitut IGD/CanadianGrocer.com.
Goodfood erreicht 40% Marktanteil in Kanada und ist im Jahr 2019 schneller gewachsen und profitabler gewesen als Hellofresh. Der starke Anstieg von Hellofresh war vor allem auf deutlich erhöhte Werbeausgaben zurückzuführen, die zu mehr bezahltem Traffic geführt haben. In der nachfolgenden Tabelle sind Vergleichszahlen aufgelistet:
Goodfood | Hellofresh CA | |
Umsatz 2019 | 210,2 Mio. CAD | 132 Mio. CAD |
AEBITDA-Marge | -6,3% | -21,7% |
Umsatzwachstum | 83% | 32% |
Das Geschäftsjahr von Goodfood geht traditionell von September bis August. Ich habe bei den Vergleichszahlen für 2019 die Monate von März bis Februar verwendet, weil diese besser mit den Hellofresh-Zahlen von Januar bis Dezember vergleichbar sind. Zudem sind bei die Zahlen für Hellofresh geschätzt, da Hellofresh keinen Einzelabschluss für Kanada veröffentlicht.
Goodfood schafft es mit deutlich geringeren Marketingausgaben sehr viele Kunden von ihrem Produkt zu überzeugen. Im Monat April 2020 (während der Coronakrise) lag der Anteil des Paid-Traffics (ein guter Indikator für die Marketingausgaben) für Hellofresh bei 18,6%, für Goodfood lag der Anteil bei gerade einmal bei 3,5%.
Durch den regelmäßigen Neu- und Ausbau der Fulfillment-Center hat man aktuell eine Kapazität für einen jährlichen Umsatz von 750 Mio. CAD – dreimal so hoch wie der Umsatz der letzten 12 Monate.
Bewertung
Goodfood ist abgesehen von einer Wandelanleihe über 30 Mio. CAD quasi schuldenfrei. Aktuell liegt die Bewertung mit 230 Mio. CAD beim 1,1-fachen 2019er Umsatz – deutlich unter Hellofresh (3,1x 2019er Umsatz). Der Vergleich hinkt jedoch. Hellofresh ist bereits profitabel, Goodfood wächst dafür schneller. Es ist daher sinnvoller Goodfood mit dem Hellofresh-Konzern von 2018 zu vergleichen, da Hellofresh zu diesem Zeitpunkt auf einem ähnlichen Profitabilitätslevel war. Nachfolgend der Vergleich:
Goodfood 2019 | Hellofresh 2018 | |
Aktienpreis | 3,98 CAD (04.05.2020) | 8,50 € (November 2018) |
Marktkapitalisierung | 230 Mio. CAD | 1.390 Mio. € |
Umsatz | 210 Mio. CAD | 1.279 Mio. € |
KUV | 1,1 | 1,1 |
Umsatzwachstum YOY | 83% | 43% |
Deckungsbeitragsmarge | 29,8% | 27,5% |
AEBITDA-Marge | -4,8% | -4,3% |
An den Kennziffern sieht man, dass Goodfood in der besseren Ausgangslage ist als Hellofresh 2018. Aktuell sind die allgemeinen Kosten (Geschäftsführung, Buchhaltung, etc.) noch vergleichsweise hoch, daher auch die etwas niedrigere AEBITDA-Marge, jedoch sollte sich diese mit zunehmendem Umsatzwachstum weiter verringern. Die Hellofresh-Aktie hat seit November 2018 ca. 300% zugelegt, da das Umsatzwachstum weiter hoch war (41% in 2019) und mittlerweile auch die Profitabilität erreicht wurde.
Für Goodfood erwarte ich in den nächsten 12 Monaten ein Umsatzwachstum von ca. 60% und eine AEBITDA-Marge im niedrigen einstelligen Prozentbereich – Corona-Effekte bereits eingerechnet. Sollte Goodfood diese Ziele erreichen, dann sollte die Bewertung mindestens auf ein KUV von 1,5 steigen, selbst ein 2er KUV wäre nicht unrealistisch. Ein 1,5er KUV bezogen auf den Umsatz der nächsten 12 Monate würde eine Marktkapitalisierung von ca. 500 Mio. CAD oder 8,65 CAD/Aktie bedeuten.
Chancen und Risiken
Chancen für die Goodfood Aktie
Attraktiver Markt
Die hohe Wachstumsrate macht Kanadas Kochboxenmarkt zu einem der attraktivsten weltweit. Zudem erreicht Goodfood bereits mit den aktuellen Umsätzen eine sehr hohe Deckungsbeitragsmarge, die deutlich über dem Branchendurchschnitt liegt. Durch die zunehmende Größe werden auch die allgemeinen Kosten prozentual abnehmen und so die Nettomarge weiter erhöhen.
Aktionärsstruktur
Die Aktionärsstruktur ist ebenfalls sehr interessant. Die beiden Gründer sind noch mit jeweils 15% am Unternehmen beteiligt und haben daher ein hohes Interesse an langfristigen Erfolgen.
Übernahmefantasien
Hellofresh hat in den vergangenen Jahren immer wieder kleinere Konkurrenten übernommen (Green Chef, Chefs Plate), wenn sich dazu die Gelegenheit ergeben hat. Kanada ist aktuell das einzige Land, indem man noch nicht die Marktführerschaft hat. Es würde daher strategisch sinnvoll sein, Goodfood zum aktuell günstigen Preis zu übernehmen, anstatt jahrelang um die Marktführerrolle zu kämpfen.
Ein Hinweis auf eine potenzielle Übernahme ist auch die Ausgabe einer Wandelanleihe seitens Hellofresh im Wert von 175 Mio. €. Zusammen mit den Cash-Reserven hätte Hellofresh somit genug Geld, um eine feindliche Übernahme zu versuchen. Ich gehe nämlich nicht davon aus, dass die beiden Gründer Goodfood einfach verkaufen wollen. Eine solche Übernahme hätte einen deutlichen Sprung des Aktienkurses zur Folge, da eine saftige Prämie auf den Aktienkurs gezahlt werden müsste, um die Altaktionäre zu überzeugen, ihre Aktien anzudienen.
Risiken
Die Risiken entsprechen insgesamt in etwa denen, die ich bereits in meinem Artikel zu Hellofresh erläutert habe. Vor allem die Konkurrenz durch weitere Kochboxenanbieter und Supermärkte ist hier zu nennen.
Zudem besteht die Gefahr, dass Hellofresh mit allen Mitteln versucht die Marktführerschaft zu erobern und ein Preis- bzw. Marketingkampf entsteht. In der Vergangenheit konnte Goodfood sich jedoch trotz deutlich geringeren Marketingaufwendungen gut durchsetzen. Bei dem aktuell hohen Marktwachstum ist voraussichtlich selbst als Nummer 2 der Branche gutes Geld zu verdienen.
Fazit
Goodfood steht aktuell auf der Entwicklungsstufe, auf der Hellofresh 2018 stand. Ich traue Goodfood eine ähnliche Entwicklung zu – sowohl was die operative Entwicklung als auch die Aktienkursentwicklung angeht. Das größte Risiko besteht in einem zermürbenden Konkurrenzkampf mit Hellofresh über die Marktführerschaft, allerdings hat Goodfood einen solchen in der Vergangenheit gut überstanden und sich durchgesetzt. Auf der anderen Seite könnte sich dies auch zur Chance auf schnelles Geld entwickeln, falls Hellofresh eine Übernahme plant und umsetzt.
Aufgrund der geringen Marktkapitalisierung, der hohen Spreads bei An- und Verkauf sowie des geringen Handelsvolumens werde ich diese Aktie trotz meiner hohen Erwartungen nicht in unser Wikifolio aufnehmen. Gerade bei Aktien, die außerhalb der USA und Europa beheimatet sind und nur über eine geringe Handelbarkeit verfügen, kann es immer mal wieder zu Problemen innerhalb des Wikifolios kommen (Kurse werden nicht festgestellt, die Position kann nicht verkauft werden, etc.). Daher sollte man auf solche Werte lieber verzichten, selbst wenn die Aussichten positiv sind.