Vergangenen Freitag hat auch Delivery Hero vorläufige Q2-Zahlen vermeldet. Ähnlich wie das gesamte Branchenumfeld rechnet DH zwar mit einem etwas geringer als erwarteten Gesamtumsatz für 2022, konnte im Gegenzug aber auch die eigenen Margenziele erhöhen. Das Plattformgeschäft von DH ist mittlerweile Break-Even und wird ab dem 2. Halbjahr einen positiven Beitrag zum operativen Ergebnis liefern. In Q4 sollen inkl. Glovo rund 80 Mio. € operatives Ergebnis erzielt werden, dies sind 30 Mio. € mehr als noch zuletzt erwartet.
Plattformgeschäft
Wie man in der folgenden Grafik sieht, hat es Delivery Hero geschafft in den letzten 4 Jahren recht konstant die operative Marge des Plattformgeschäfts zu verbessern. Dieses Jahr erwartet das Management aufgrund der positiven Geschäftsentwicklung sogar eine Verbesserung um 1,2%-Punkte auf +0,2%. Im Jahr 2023 rechne ich mit knapp über 1% operativer Marge, was rund 500 Mio. € operativem Gewinn entsprechen würde. Dies wohlgemerkt bei einem Geschäft, über das noch vor wenigen Monaten gespottet wurde, dass es überhaupt nicht profitabel betrieben werden kann. Natürlich ist die operative Profitabilität nur der erste Meilenstein, relevanter ist der Cashflow, aber auch dieser entwickelt sich in eine positive Richtung für 2023.

Integrated Verticals
Eine deutliche Veränderung hat Delivery Hero beim Aufbau seines Quick-Commerce-Geschäfts vorgenommen. Aktuell werden deutlich weniger neue Dmarts eröffnet, da DH mittlerweile eine gute Abdeckung hat und weniger Neuinvestitionen tätigen muss. Mittlerweile betreibt man ca. 1200 Dmarts, die meisten davon im 2. Halbjahr 2021 eröffnet. Hier ist der Weg zur Profitabilität noch etwas weiter, allerdings sollten Anleger bereits im 2. Halbjahr 2022 eine deutliche Verringerung der Verluste in diesem Geschäftsmodell sehen. Mit einer Profitabilität rechne ich, wenn DH es schafft 400-500 Order pro Tag pro Dmart zu erreichen, was bei 1200 Dmarts einem GMV von rund 650 Mio. € pro Quartal entspricht (Q2 22 lag bei 440 Mio. €). Zeitlich gesehen sollte diese Zahl und damit die operative Profitabilität Ende 2023 oder im ersten Halbjahr 2024 erreicht werden können (was etwas früher ist als bisher von mir angenommen, siehe Fazit aus diesem Artikel: https://www.aktienalpha.de/delivery-hero-das-quick-commerce-modell/).
Glovo
Die Glovo-Übernahme wurde Anfang des Monats abgeschlossen. Glovo macht im Grunde dasselbe wie DH, ist jedoch noch etwas früher in der Entwicklung und damit auch unprofitabler. Allerdings erzielt man auch hier deutlich Fortschritte, vor allem in der so wichtigen Wettbewerbsposition. Nachdem man zur Nummer 1 im Heimatland Spanien wurde, wird man dies wohl auch in Portugal und Polen in den nächsten 12 Monaten werden, sodass dann fast der gesamte Umsatz aus Ländern kommt, wo Glovo Marktführer ist. Dies ist die Grundlage für zukünftige operative Gewinne, die im Plattformgeschäft wohl ab H2 2023 erzielt werden können. Das Quick-Commerce-Geschäft sollte ähnlich wie das von DH Anfang 2024 den Break-Even erreichen.
Wettbewerbssituation
In diesem Bereich hat sich in den vergangenen 2-3 Quartalen sehr viel getan, nicht zuletzt aufgrund des starken Einbruchs an den Börsen und dem Austrocknen der Kapitalmärkte. Delivery Hero konnte hier deutlich profitieren und Marktanteile vor allem in Südamerika (gegen Rappi), Europa (gegen Uber Eats und JET), Türkei (gegen Getir) und Korea (gegen Coupang Eats) gewinnen. Dies ist aufgrund der Skaleneffekte und der Marketingeffizienz im Geschäftsmodell Food Delivery besonders wichtig und sollte die zukünftige Profitabilität von DH weiter verstärken.
Fazit
Der Food Delivery – Sektor vollzieht gerade einen starken Wandel weg vom unprofitablen Wachstum, dies macht sich auch in den Geschäftszahlen von Delivery Hero deutlich. Man erwartet nun etwas weniger Umsätze, dafür aber einen schnelleren Weg zur Profitabilität. Das Plattformgeschäft (ex. Glovo) ist aktuell bereits Break-Even und profitabel in H2 2022, inkl. Glovo wird auch Q4 deutlich profitabel mit rund 80 Mio. € operativem Gewinn. Beim Quick-Commerce-Geschäft wird dies noch 18-24 Monate dauern, allerdings ist auch hier der Höhepunkt der Verluste überschritten. In 2023 wird Delivery Hero dann auch zum ersten Mal als Gesamtkonzern profitabel, in 2024 rechne ich bereits mit einem operativen Gewinn von über 1 Mrd. €, der in den Folgejahren weiter ansteigen wird.
Danke für das Update, es bestätigt sich mal wieder dass deine Prognosen eintreffen und alles wie erwartet läuft. Da ist es kurzfristig auch egal ob der Kurs mit zieht oder nicht. Gruß, Oliver
Hi Bastian, der Blick muss doch nach vorne gehen und auch die Makroökonomie mit einbeziehen.
Wir sehen nun ein ziemliches Risiko China / Taiwan, welches zu eskalieren droht. Wenn es zur Eskalation kommt, ist es zu spät Aktien zu verkaufen.
Warum nimmst du jetzt nicht Risiken aus deinem WikiFolio? Viele Grüße